Unzählige Geschichten von früher, hohe Polizei- und Militärpräsenz sowie sehr viele vergitterte Fenster oder Läden führten dazu, dass wir uns die ersten Tage in Kolumbien ziemlich unsicher bewegten, vor allem in der Nacht. Man gewöhnt sich daran und subjektiv fühlten wir die Gefahr nie. Auch wenn grosse Teile des Landes heutzutage als sicher gelten, ist speziell an abgelegenen Orten Vorsicht geboten.
In Bogota verbrachten wir zwei Tage und besuchten im historischen Stadtteil mit dem Gold- und Botero-Museum den „Pflichtteil“. Für eine schöne Aussicht erklommen wir den Hausberg Cerro de Moserrate über einen steilen, von Polizeiposten gesäumten Weg.
Um zur nächsten Station zu gelangen, war Busfahren angesagt! Die Fahrt verlief durch bergige Gebiete in den Ausläufern der Anden ins hübsche Städtchen Salento in der „Zona-Cafetera“. Wie der Name bereits sagt, dreht sich dort alles um Kaffeeeee. Neben einer Führung über Anbau und Produktion auf einer Farm, stand für uns natürlich das Trinken des Kaffees im Mittelpunkt. Und der kolumbianische Arabica ist wirklich vorzüglich! Auch wenn Kaffeebohnen guter Qualität exportiert werden und für die Kolumbianer selbst nur Bohnen zweiter Klasse übrig bleiben.
Das Wetter in Salento war mehrheitlich schlecht. Die Nebelschwaden im hügeligen Gebiet ergaben aber eine mystische Stimmung.
Mit der Wanderung ins Valle de Cocora konnten wir die eingerosteten Beine endlich wiedermal bewegen. Aber leider waren der Nationalbaum von Kolumbien, die bis zu 60 Meter hohen Wax-Palmen, und die verschiedensten Arten von Kolibris auch vom schlechten Wetter beeinträchtigt. Die spektakuläre Landschaft war oft von Nebel verdeckt und während der letzten halben Stunde der Wanderung prasselte heftiger Regen auf uns nieder. Es kam noch heftiger, aber dann sassen wir glücklicherweise schon im Jeep auf dem Weg zurück ins Dorf.
Marius wünschte sich schon während der ganzen Reise einen Reitausflug. In Salento wurde dieser Wunsch endlich Realität. Als blutige Anfänger und mit dem fast zahnlosen Guide Raphaele, dessen Spanischwir trotz allen Anstrengungen nicht wirklich verstanden, schlenderten wir hoch zu Ross zu einem Wasserfall. Zwischendurch konnten wir mit Glück mal einen Links- oder Rechtskurs beeinflussen, aber Geschwindigkeit, Start oder Stopp und sonstige Kommandos funktionierten überhaupt nicht.
Trotz Wetterpech, gefiel uns Salento super gut und schliesslich verbrachten wie eine ganze Woche dort.
Mit dem Flugzeug ging’s nach Cartagena an die langersehnte Karibikküste. Dort trafen wir auf Fuchsi und Chrigi. Neben lustigen Baumarkterlebnissen, erlebten wir in Cartagena vor allem viele Restaurants und Bars, darunter das berühmte Café Havana wo live Bands Salsa spielen. Wir liessen uns mitreissen von der Musik und tranken den stärksten Cuba Libre aller Zeiten. Abgesehen von mehreren Spaziergängen durch die wunderschöne, koloniale Altstadt, strichen wir die ganzen klassischen Sight-Seeing-Aktivitäten. Mehrere Tage verbrachten wir in der Marina auf Chrigi’s Schiff, der Nani Moana, genossen die Sonne und halfen bei leichten Arbeiten im kolumbianischen Tempo… Schliesslich mussten wir uns nach kühlen Temperaturen erst wieder an Luftfeuchtigkeit und 30 Grad gewöhnen.
Der nächste Stopp war Taganga. Ein kleines Örtchen in einer trockenen Bucht, welche sehr ans Mittelmeer erinnert. Die negativen Auswirkungen des Tourismus wie Abfall, Lärm und aufdringliche Verkäufer waren uns zu viel. Wir richteten ein Gepäckdepot ein und zogen nach zwei Nächten weiter.
Und zwar mit dem Ziel an einem schönen, ruhigen Strand ein paar entspannte Tage zu verbringen. Diesen fanden wir in noch ziemlich unentdeckten Palomino. Wenige Unterkünfte und somit wenige Touristen, ein langer Strand sowie viel Sonne liessen uns eine Woche mit viel Lesen, Sünnele und Faulenzen verbringen.
Für kurze (oder auch längere) Distanzen gibt es hier eigentlich nur Moto-Taxis. Oder anders gesagt, Einheimische auf alten Motorrädern, die auch Passagiere mitnehmen. Eine dieser Fahrten bleibt uns speziell in Erinnerung: Trotz allseitigen Abraten, wollte uns ein Fahrer unbedingt zusammen und mit kompletten Gepäck auf seinem Motorrad mitnehmen. Mit seiner Überzeugungskraft und unter gütiger Mithilfe und netten Tipps der zuschauenden Polizisten und Soldaten schafften wir das unmögliche und fuhren zu Dritt mit je zwei Rucksäcken natürlich ohne Helme auf dem kleinen keuchenden Motorrad los…Die Polizisten erwähnten voller Stolz „Das ist nur in Kolumbien möglich“.Ok.
Ein Geheimtipp von zwei Schweizern brachte uns danach auf eine abgelegene Farm einer Kolumbianerin und eines Belgiers. Als Fast-Selbstversorger führen Sie eine nachhaltige kleine Finca mit grossen und kleinen Tieren sowie unterschiedlichsten Bäumen, Sträuchern und sonstigen Pflanzen. Sie besitzen sogar einen eigenen Sandstrand am Fluss. Herrlich!
Als Informationen zur nicht ganz einfachen Anreise hatten wir einen einfacher Flyer und ein paar mündliche Erklärungen erhalten.
Der erste Teil funktionierte reibungslos. Bis wir nur noch mit den Tagesrucksäcken auf den schmalen Weg ins Seitental abbogen. Von da an hatten wir die Möglichkeiten „einfach dem Weg folgen“ oder „5x den hüfttiefen Fluss zu durchqueren um die Wanderzeit zu reduzieren“. Wir entschlossen uns für „einfach dem Weg folgen“. Schnell merkten wir, dass die Einheimischen vor allem die kürzere Variante wählten. Der Weg war mehr und mehr zugewachsen und wo noch offen, blockierten uns dichte Spinnennetze mit grossen Spinnen drin.
Es blieb uns nichts anderes übrig als uns durch den Fluss zu kämpfen. Mit etwas Übung stellte sich dies als ganz machbar raus.
Der Aufwand lohnte sich völlig. Bjorn ist ein super Gastgeber. Man darf selber handanlegen und erfährt alles Mögliche über Tier und Natur. Ob Tiere füttern, Melken, Schokolade machen, Früchte trocknen oder Käse produzieren, die Aktivitäten gehen nicht aus. Auch technische Infos über Solarstrom, eigene Wasserversorgung oder selbstproduziertes Biogas waren super spannend. Und zwischendurch wird man mit köstlichem Essen und Getränken versorgt, natürlich „Home-made“. Einfach genial!
Leider fand der Ausflug ein abruptes Ende. Am Mittag des zweiten Tages hörten wir plötzlich Schüsse. Alles deutete darauf hin, dass dies in nächster Nähe (ca. 2 Stunden zu Fuss) ein Gefecht zwischen Militär und einer Gruppe Paramilitärs war. Nach anfänglichem Zögern, grosser Unsicherheit und ersten Erkundigungen bei den nächsten benachbarten Höfen entschlossen wir uns die Farm zu verlassen und möglichst rasch bei Tageslicht zur Hauptstrasse zurückzukehren. Uns lag der Schock tief in den Knochen. Wir hoffen dies war eine einmalige Angelegenheit und Bjorn und Moni können die Farm mit gleichem Engagement weiterführen.
Das letzte Ziel auf dem Festland war der meistbesuchte Nationalpark Kolumbiens, der Parque National Natural Tayrona. Von ganz gut bis sehr schlecht hatten wir im Vorfeld alles über diesen Park gehört. Um nicht in Zelt oder Hängematte zu übernachten, unternahmen wir nur einen Tagesausflug von einer nahe gelegenen Finca aus.
Unberührter Regenwald, Traumstrände und einzigartige Steinformationen zeichnen den Nationalpark aus. Am Tag unserer Wanderung herrschte trübes Wetter und der Park zeigte sich uns nicht in seiner vollsten Pracht. Deshalb hielt sich die Begeisterung in Grenzen.
Mit dem Besuch der Stadt Santa Marta kehrten wir zurück in die Zivilisation. Alle Gepäckdepots auflösen und sonstige Organisation füllten die beiden Tage bis zum Abflug gut aus.
Die Raizals (so nennt man die Insulaner) sprechen kreolisch, hier ein Mix aus Spanisch und Englisch, die Häuser leuchten bunt, es gibt unzählige Rastaaa Men, die Stimmung ist absolut relaxt und die Kriminalitätsrate ist praktisch bei null.
Der perfekte Ort für die Verarbeitung der Eindrücke einer Weltreise. Die einzigen Aktivitäten sind die Inselumrundung mit dem Miet-Roller, die Besteigung des mit 360 M.ü.M höchsten Punktes „El Pico“ und das Schnorcheln im wunderschönen Korallengebiet.
Ansonsten genossen wir die Sonne oder eine kühles Bier in der Roland Roots Reggae-Bar direkt am feinsten Palmenstrand.
Nach den letzten zwei Übernachtungen geht die Rückreise hier von San Andres über Bogota und Madrid zurück nach Zürich.
Und somit endet unsere Weltreise. Ein wunderbarer Traum geht zu Ende….und beginnt zu wirken.
O apperzeption.
Bilder: Colombia.